Die seit 2003 als Welterbe der UNESCO geschützte so genannte Weiße Stadt Tel Aviv wird aufgrund ihrer etwa 4.000 Gebäude der Klassischen Moderne gerne als Bauhaus-Stadt bezeichnet. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass das Bauhaus nur eine der Schulen war, an denen die Architekten studiert hatten, die vor allem in den 1920er und 1930er Jahren die kubischen Flachdachgebäude mit verschatteten Balkonen und Flachdächern bauten.
Das Studium zweier Bauten von zwei tatsächlichen Bauhäuslern sollte zeigen, was sie vom Studium aus Dessau mitgebracht hatten. Ausgewählt wurden Bauten von Chanan Frenkel und Shmuel Mestechkin, die beide nicht denkmalgeschützt und daher von Abbruch oder Umbau bedroht sind. Ziel war es, diese Bauten zu erforschen, zu dokumentieren, auf Bezüge zum Bauhaus hin zu analysieren und schließlich Lösungsansätze für ihre denkmalgerechte Erhaltung und Weiternutzung zu entwickeln.
Die Grundlage für den Workshop in Tel Aviv bildete ein vorangehendes Open Studio im Bauhaus Dessau, bei dem die dortigen originalen Bauhaus-Gebäude eingehend studiert und analysiert wurden, um Spezifika herauszufiltern, die dann für die Analyse der beiden Gebäude der Bauhausschüler Frenkel und Mestechkin in Tel Aviv genutzt werden sollten. Die Dessauer Studien umfassten dabei alle Maßstäbe: vom Städtebau bis zum einzelnen Baumaterial im Bauforschungsarchiv der Stiftung Bauhaus Dessau und wurden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung tatkräftig unterstützt.
Die Studierenden aus Israel, Österreich und Deutschland widmeten sich während der zwei je einwöchigen Workshops ihrem gemeinsamen architektonischen Erbe. Sie kooperierten intensiv in transnationalen Teams. Erforschung, Schutz und Erhalt durch Weiternutzung der Bauten sollte zu Entwürfen führen, die den ungeschützten Bauten eine Perspektive entwickeln sollten.
Eine in Mainz, Hannover und Braunschweig gezeigte Ausstellung nebst Katalog sowie Film dokumentierten die intensive, kollegiale Zusammenarbeit, die 2023 zu einem weiteren gemeinsamen studentischen Workshop der Hochschule Mainz mit der Bezalel Academy of Arts and Design, der Stiftung Bauhaus Dessau und dem Liebling Haus in Tel Aviv führte.
Hinter dem Open Studio stand die Kernfrage: „Was ist Bauhaus-Architektur? Basierend auf einer profunden, vor Ort am Original erworbenen Kenntnis des Bauhauses in Dessau und der von seinen Lehrern – insbesondere Walter Gropius – errichteten Wohnhäuser sollen die Bauten der Weißen Stadt Tel Aviv studiert werden. Im unmittelbaren Vergleich sollen Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den Dessauer Originalen und den Tel Aviver Bauten zweier Bauhausabsolventen herausgearbeitet werden, um die o.g. Kernfrage beantworten zu können.
Weitere Projektbeteiligte:
- Shmuel Groag, MSc., Bezalel Academy of Arts and Design, Jerusalem
- PD Dr. Ulrich Knufinke, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Hannover
- Dr. Katrin Keßler, Bet Tfila, Technische Universität Braunschweig
- Prof. Dr. Klaus Tragbar, Universität Innsbruck
- Vladimir Levin, Hebrew University, Jerusalem
- Eléna Hinsch M.A., Hochschule Mainz
- Smadar Okal, Bezalel Academy of Arts and Design, Jerusalem
- Petra Mayrhofer, Universität Innsbruck
More Than Bauhaus - Dokumentation